Dieser Ausschnitt fiel mir ein wegen Claudia Klingers Artikel "Von der täglichen Wut" am 30. April. Ich weiss (noch) nicht, wie man verlinkt, aber ihre Blogadresse steht in meiner (bis jetzt ganz kleinen) Blogliste.
Wenn Serge morgens im Bad ist, macht er,
sobald ich außer Hörweite bin, das Radio an. Viele Leute tun das. Viele, viele
Leute. Mein Vater tat das früher (und vermutlich tut er´ s heute noch). Mein
Großvater guckte, wenn ich mich recht erinnere, noch dazu mehrere Male am Tag
Nachrichten im Fernseher, meine beiden Eltern sind immer bestens informiert,
mein Bruder ebenso, soweit zu meinen Wurzeln, sozusagen, auch den Wurzeln
meines Schuldgefühls…
Na, aber zurück zum Morgen: Eine (für meine
Ohren zumindest) hektische, alarmierende, wie unter Speed stehende
Männerstimme überschüttet den Raum, nimmt ihn ein wie ein Krieger;
manches Mal komme ich noch mal ins Bad oder Schlafzimmer direkt daneben, und
unweigerlich höre ich: „Das kleine Mädchen entsetzlich entstellt aufgefunden“
oder „nach der Katastrophe war Solidarität unter den Bewohnern spürbar,“ wenn
es sich um nationale Nachrichten handelt, und „les forces américaines“, „Bush“
und „Irak“ durchwachsen mit „alarmant“, „Guerre“ und „difficultés“.
Im
Großen und Ganzen insofern immer dasselbe, als dass im Kleinen wie im Großen
jeder Tag, jede Nacht als eine Katastrophe beurteilt
wird.
Das ist ja auch wahr. Jede Nacht, jeden Tag
geschehen die grässlichsten Dinge auf dieser Erde, wovon wir einen Großteil,
und seien wir noch so informiert, nie erfahren…
Aber ich – möchte meinen Tag in Ruhe
beginnen. Die Katastrophen werden nicht besser davon, wenn ich sie mir schon am
frühen Morgen anhöre, und ich – ich werde völlig gestresst und deprimiert und
verängstigt davon. Besser für mich sind Nachrichten aus der Presse, ein Mal die
Woche, wenn alles schon ein wenig gefasst und geordnet und die Nachrichten, die
sich schließlich als falsch herausstellen, wenigstens zum Teil ausgeschieden
sind…
Natürlich und wie üblich fühle ich mich
schuldig – weil doch so viele Menschen es anders machen – und weil es so
erwachsen anmutet irgendwie, schon frühmorgens splitternackt einen Hagelsturm
auszuhalten ohne mit der Wimper zu zucken – und – natürlich – ein detailliert
informierter Mensch zu sein – aber ehrlich, ich halte das nicht aus.
Versteht Ihr, ich stell´ mir das kleine
Mädchen vor, in Sekundenschnelle, und alle anderen kleinen Mädchen, Kinder,
Frauen, denke an meine Töchter…
Sehe die verstörten Menschen vor den Trümmern
ihrer wegen einer schlecht verlegten Gasleitung explodierten Häuser – die
Verletzten, und die Verschütteten…das zu den lokalen Nachrichten von heute
Früh…
Und mir dreht sich doch glatt der (noch
leere) Magen um, wenn ich gleich am frühen Morgen von der Weltlage höre. Nicht,
dass ich wüsste, wie man´ s richtig macht, nicht, dass ich nicht verstünde, wie
Gewalt mit Gewalt mit Gewalt beantwortet wird – vielleicht gerade auch WEIL ich
es verstehe, so menschlich finde – es ist menschlich, sich gegenseitig und sich
selbst zu zerstören – und weil es immer so war, kein Ende abzusehen ist, weil
es Menschen gibt, die nie etwas anderes gekannt haben – das nennt man Barbarei
– andere, die so tun, (oder es sich wirklich einbilden) sie stünden über so was
– das nennt man Zivilisation – und die beiden so nahe beieinander stehen, so
rasch aufeinander folgen, dass es mich immer noch wunder nimmt, wie man sie in
der Sprache so sorgfältig zu trennen wagt…
Sobald ich Tagesnachrichten höre, hieve ich
mir sofort alles Unglück der Welt auf die Schultern – bzw. es befindet sich
dort, bevor ich mich umschaue, ganz von selber, und dann glaube ich, ich müsste
jetzt sofort raus, irgendwohin, und helfen – aber wie? aber wo? Nach Amerika,
und Bush bitten, mir seine Hand zu geben, mir in die Augen zu sehen und
aufrichtig zu antworten auf meine höfliche Frage: Glauben Sie wirklich, dass
Sie ausgeglichen, intelligent und solide genug sind, um diesen ihren Job
auszuüben? – oder lieber nach Indien wegen Hungersnot, Aids in Afrika,
Unfrieden im Iran, und da gibt es so viele Orte, von denen nicht oder nicht
mehr geredet wird, wo Krieg und /oder Armut herrschen, Gewalt und Schrecken –
schießen Sie mich am Besten über den Haufen (vergessen Sie nicht, mich vorher
ein bisschen zu foltern) – dann bin ich wenigstens solidarisch, wenn ich schon
sonst dasteh´ wie der Ochs vorm Berg.
Was glauben Ihr übrigens, würde Herr Bush antworten
auf meine sorgenvolle Frage?
Liebe Jan,
AntwortenLöschenhier der Artikel "Über die tägliche Wut"
http://www.claudia-klinger.de/digidiary/2013/04/30/von-der-taglichen-wut/
Es wäre nicht schlecht, wenn du vermerken würdest, dass der auf den Hinweis folgende Text eine eigene Resonanz und kein Zitat ist - nur so um Irrtümer zu vermeiden!
Verlinken ist einfach: in der Eingabemaske die zu verlinkenden Wörter markieren, dann auf das Linksymbol klicken (meist ist das irgendwo oberhalb der Eingabe und ist intuitiv verständlich, manchmal steht da auch "Link") und in der aufspringenden Eingabe die Netzadresse eingeben (=das, was in der Adresszeile des Browsers steht, wenn du den zu verlinkenden Artikel aufgerufen hast).
Liebe Claudia, danke für die diversen Hinweise. Ich weiss allerdings noch nicht, was eine Eingabemaske ist und was mit "die zu verlinkenden Wörter markieren" gemeint ist (vielleicht, weil ich in einem unbedingt französischsprachigen Umfeld lebe), aber das kommt...
AntwortenLöschenUnd nächstes Mal vermerke ich deutlich, dass es sich um eine eigene Resonanz handelt.