Weggelassen
Es ist schon eine Weile
her, seitdem ich das letzte Mal über meine Töchter geschrieben habe, und weit bin
ich auch noch nicht gekommen …
Ich möchte ja nicht unbedingt alles, was ich mit ihnen und durch sie erlebt habe, erzählen - das wäre auch unmöglich - aber ich habe was Wichtiges weggelassen…nämlich die schwerwiegend dunkle Seite meiner Anfänge als Mutter.
Ich möchte ja nicht unbedingt alles, was ich mit ihnen und durch sie erlebt habe, erzählen - das wäre auch unmöglich - aber ich habe was Wichtiges weggelassen…nämlich die schwerwiegend dunkle Seite meiner Anfänge als Mutter.
Nach der Geburt
wieder zu Hause hatte ich in den ersten Wochen fast immer jemanden neben mir, der
mir half – jede meiner Freundinnen hat bei uns übernachtet in der Zeit, sowie
Serges Mutter. Dann hatten wir drei Monate lang ein Aupairmädchen, das eine
Geschichte für sich wert wäre.
Als Asias Zeit
abgelaufen war, reiste sie zurück nach Polen. Ich war gleichzeitig erleichtert
und traurig, sie gehen zu sehen.
Einerseits: endlich
alleine!
Aber auch: Hilfe,
alleine mit den Babys!
Es gab zwar zum Glück
seit Neuestem Kinderkrippe drei Mal die Woche, in der Lola und Lea sich wohl zu
fühlen schienen, aber das bedeutete trotzdem, dass sie die allermeiste Zeit auf
mich angewiesen waren. Und ich fühlte mich sehr unsicher.
Wenn ich sie am späten Morgen in der Krippe abgeliefert hatte (ich war immer die Letzte – beim Bringen sowie beim Abholen), hiess es Einkaufen gehen, und alles, was sonst noch ausser Hauses geschehen musste, erledigen, sowie am Zeichentrickfilmprojekt weiterarbeiten, das damals anstand.
Wenn ich sie am späten Morgen in der Krippe abgeliefert hatte (ich war immer die Letzte – beim Bringen sowie beim Abholen), hiess es Einkaufen gehen, und alles, was sonst noch ausser Hauses geschehen musste, erledigen, sowie am Zeichentrickfilmprojekt weiterarbeiten, das damals anstand.
Ich war so
entsetzlich müde, so unterschwellig erschöpft - die Geburt war lange und
schwierig gewesen und ich stand in mancher Nacht vier Mal zum Stillen auf.
Man hätte glauben
sollen, dass, je schwächer ich mich fühlte, je unsicherer und gestresster ich
war, Serge desto unzugänglicher und ferner wurde. Oder war es umgekehrt?
Serge badete seine
Töchter zwar immer noch ab und zu, gab ihnen oft ihren ersten Frühschoppen,
aber dann war er weg und ich blieb zurück…
Ich fühlte mich sehr
einsam. Auch mein freier Abend, auf den ich seit Neuestem jede Woche bestand,
konnte mir nicht helfen – oft war ich dermassen erschöpft, wenn ich mich in
mein Auto setzte, um mit einer meiner Freundinnen oder Freunde essen zu gehen
oder sonst etwas zu unternehmen, dass ich am Liebsten die Augen geschlossen
hätte und stumm und still dort sitzen geblieben wäre, bis in alle Ewigkeit. Statt
dessen verausgabte ich mich nur noch ein wenig mehr, weil ich hoffte, es würde
mir gut tun, an etwas anderes zu denken als an meinen Alltag, und das war
sicherlich auch richtig, bloss war ich anderntags noch müder und hatte ein
schlechtes Gewissen deswegen obendrein.
Der Winter kam und in
der ganzen Kinderkrippe gingen Schnupfen, Husten, Bronchitis und was weiss ich
alles um.
Mein Herz klopfte
jeden Tag vor Angst, etwas falsch zu machen mit meinen Babys und auch vor der
Anstrengung, die mich jedes Mal wieder erwartete, wenn ich sie in der
Kinderkrippe abholte.
An manchen Tagen oder
Nächten alpträumte ich verschwommen davon,
beide aus dem Fenster zu werfen und mich gleich hinterher, zum Beispiel wenn
ich mich ausnahmsweise gerade etwas entspannt hatte, weil ich fest annahm, dass
sie schliefen, und dann eine von beiden oder gar beide nach mir riefen.
Ich war mager
geworden. Mein Haar fühlte sich wie Stroh an und war von grauen Strähnen
durchzogen.
Ich hatte, das stand
ausser Zweifel, die grössten Schwierigkeiten, mein Mutterdasein zu geniessen, (es
war mir völlig unmöglich, um ganz ehrlich zu sein), ja, es auch nur zu
akzeptieren. Die grössten Schwierigkeiten auch, mir zu vertrauen und mich zu
organisieren – und das wurde mit der Zeit eher schlimmer als besser.
Etwas verband mich ganz
stark mit meinen Töchtern, aber Liebe war es, glaube ich, noch nicht.
Dann Serge und ich.
Was war mit uns.
Ich war müde,
todmüde, und merkte nichts. Vielleicht merkte ich aber auch alles und konnte es
nicht verhindern. Vielleicht war ich auch deshalb nur immer noch erschöpfter,
weil ich mich dagegen stemmte und gleichzeitig die sengende Glut mitschürte,
die sich, unmerklich zuerst, dann immer stärker, zwischen uns entfachte.
Vielleicht war auch
das, was uns verband, keine Liebe.
Vielleicht war auch
Serge einfach unsicher und müde und dadurch immer weniger empfänglich für das
Schöne und Gute. Vielleicht hatte auch er unausdenkbare Schwierigkeiten damit,
Vater zu sein, wer weiss. Sagen tat er nichts. Sicher ist, dass er sich zu der
Zeit mit finanziellen Problemen herumschlug. Und dass seine neue grosse
Verantwortung deshalb vielleicht besonders schwer auf ihm lastete.
Wir redeten nicht
mehr miteinander. Schliefen nicht mehr miteinander.
Anstatt unsere Kräfte
ein wenig zu schonen, um sie für Besseres zu verwenden, vergeudeten wir das
bisschen, das wir übrig hatten, in immer häufigen Streitereien.
Wie konnte so etwas passieren, Wir kannten und liebten uns seit Jahren und hatten beide gemeinsam Kinder bekommen wollen…
Ich jedenfalls muss
mich dann irgendwann vollständig verloren haben.
Ach ja, ein schwieriger Lebensabschnitt - ich kam damit auch nicht zurecht. Einschneidend für den Rest meines Lebens und nicht nur, weil da ein neuer Mensch auf der Welt ist, der total von mir abhängig ist ....
AntwortenLöschenLiebe Stefunny, schön, dass Du mich besuchst!
AntwortenLöschenUnd - ja, es ist sogar so viele Jahre danach noch tröstlich, wenn eine andere Frau schlichtweg zugibt, dass auch sie nicht ohne Schwierigkeiten zurecht gekommen ist...
Danke dafür & viele Grüsse,
Jan