Es ist noch nicht
zwölf Uhr mittags und die drei betagten Landfrauen, die ausser mir im Café in
Genappe sitzen, bestellen jetzt ihren „Apéro“.
“Aaaah oui, quesssk’
tu veux!“ seufzen sie ergeben.
Sie sind nicht mehr
die Jüngsten, um die 80 vermute ich, und – oh! Die eine hat ihren Portwein in
einem Schwung runtergekippt! Einen leichten Ellebogen hat sie, sagt man hier
(zum Heben des Glases), nun bekommt sie einen Salatteller vorgesetzt.
„Bon Appééétit,
hein!“ wünschen ihr die zwei anderen, die jeweils eine „Ginette“, das lokale
Weissbier, trinken.
Die Frisur der Bäuerinnen
in Genappe und Umfeld ist uniform, eine struppige, glanzlose Kurzhaarfrisur in
verschiedenen Brauntönen, heute vertreten: ein Mal Kastanienrot und zwei Mal Rehfarben
(ein krankes Reh), im Alltag mit grauem Haaransatz, zu Festtagen ohne, sowie in
kleine Löckchen gelegt.
Dies ist
augenscheinlich kein Festtag – oder vielleicht sind die Löckchen nur für ganz
grosse Festtage und dies ist ein kleiner, denn immerhin tragen sie alle Schmuck
und geblümte Kleider (eine trägt eine helle Hose mit Bügelfalte, dafür eine
geblümte Bluse), gespannt über ihre kartoffelförmigen Körper. Kartoffelform ist
ein „Must“ bei den Damen im Dorf.
Naja, ich bin auch
komisch, auf meine Weise, fast doppelt so gross wie sie, mit geringeltem
T-shirt, die langen Haare zu einem (nach)lässigen Dutt hochgesteckt und trinke
um Punkt zwölf meinen Frühstückskaffee, genauer gesagt meinen „Lait russe“, ein
Kaffee mit viel Milch und Schaum obendrauf, dazu ein paar Graubrotscheiben…DIESE
Frauen sind gewiss schon seit fünf Uhr auf, haben womöglich Kühe gemolken
(falls man so was noch tut), Schweine und Hühner gefüttert, bevor sie sich hier
her bewegt haben, Ruhestand hin oder her…
Es gefällt mir ja,
dass auch Alteingesessene sich in diesem Café einfinden, das es noch nicht
lange gibt (vorher war hier ein staubiger, dusterer Fahrradladen), einem hübschen,
gemütlichen Ort, an dem man erkennt, dass im ländlichen Genappe seit einigen
Jahren ein Umschwung stattfindet.
Jetzt wird Weisswein
bestellt, und die mit dem vorwiegend türkisfarbenen Kleid rückt dieses
energisch zurecht – ein schmaler Gürtel befindet sich zwischen Busen und Bauch,
wenn ich das mit diskretem Blinzeln richtig sehe, sie schiebt ihren leeren
Teller von sich, alle drei tragen beige Gesundheitsschuhe und fleischfarbene
Strümpfe.
Ich höre zum Teil ihr
Gespräch, sie klagen allgemein darüber, wie das Leben heute schlechter ist als
früher und lästern über Bekannte, vor allem über andere Frauen. Über deren
Faulheit: „MOI, je ne sais pas rester sans rien faire!“ behauptet die eine mit
selbstbewusster Miene, und die zwei anderen stimmen ihr unbedingt zu.
Wenn ich ihnen nicht
wurschtegal wäre, weil sie mich nicht kennen (obwohl ich seit zwanzig Jahren
hier wohne), wäre ich das ideale Beispiel an frecher Faulheit für sie.
Jetzt haben sie Thema
gewechselt, es geht darum, was man alles billig kochen kann (Suppe zum
Beispiel). „Avant, on disait que pour donner du goût, faut pas trop saler, faut
met’ du persillll.“
Die Frau mit den türkisfarbenen Blumen schaufelt
inzwischen an einem Rieseneis, ein Traktor fährt an der wegen des schönen
Wetters geöffneten Türe vorbei mit schepperndem Anhänger, und ich geh’ jetzt
einkaufen.
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